Hausbootfahrt in der Bretagne

Nach 13 Jahren Abstinenz haben wir uns wieder für einen Urlaub auf dem Hausboot entschieden. War es 2002 der Canal du Midi in Südfrankreich, so wählten wir diesmal mit unseren Freunden Dagmar und Werner den Canal de Nantes a Brest in der Bretagne. Gebucht haben wir unser Schiff, eine 10,50 Meter lange PENICHETTE mit Flying Bridge und jeweils 1 Schlafzimmer samt Bad und WC im Bug bzw. Heck, zwei Steuerständen, Sonnendeck und Fahrradständer bei www.ferien-auf-dem-wasser.de

Die Bretagne ist zwar etwas weiter entfernt, aber da am Wochenende 4., 5. und 6. September noch der Caravan-Salon in Düsseldorf stattfindet, entschlossen wir uns zu dieser Reise. Der Umweg über Düsseldorf (ca. 300 km) lohnt sich für uns sicher, gilt es doch, die allerneuesten Wohnmobile zu besichtigen. Und zwar nicht nur die für Otto-Normalverbraucher, nein, auch die komplett "sinnlosen" ...


Mittwoch, 2. 9. und Donnerstag, 3.9.

Fahrt bis Nürnberg und Übernachtung am Stellplatz DUTZENDTEICH (Einfahrt bei ESSO-Tankstelle in der Münchener Straße, 474 km von Villach), am Donnerstag weiter nach Düsseldorf und dort ohne Navi dem schlecht ausgeschilderten Weg zum Messegelände gefahren. Am Parkplatz 1 waren wir ein WoMo von Tausenden, km bisher: 945.


Freitag, 4.9. und Samstag, 5.9.

Den ganzen Freitag auf der Messe geschaut und gustiert und geträumt, Samstag das gleiche Programm - und am späteren Nachmittag sind wir dann gut 150 km weiter gefahren und haben die Nacht sehr ruhig einige Km nach Liege in Belgien (1115 km) neben einer Birnenplantage verbracht.


Sonntag, 6.9.

Auf teils gebührenpflichtiger Autobahn über Calais Richtung Mont San Michel, von dort links ab, an Rennes vorbei und die letzten 35 km über Redon nach Saint-Martin-sur-Oust zum Stützpunkt von LOCABOAT auf einer kleinen, schmalen Landstraße gefahren. Werner und Dagmar kamen bald nach uns an, alle waren wir von der Anreise leicht müde und bald ging es ins Bett. 1882 km haben wir hinter uns gebracht, über Nacht stehen wir am Parkplatz neben dem örtlichen Friedhof.


Montag, 7.9.

Unser Schiff, eine 1020 Penichette mit Flyingbridge wurde am Vormittag auf Vordermann gebracht, um 14 Uhr erhielten wir die Einschulung und um 15 Uhr hieß es bei Km 117 und wolkenlosem Himmel LEINEN LOS und unsere Canal-Reise konnte beginnen.

Werner übernahm die Rolle des Navigators bzw. Bord-Chronisten und des Anlege- bzw. Schleusenkoordinators, die Frauen waren für das Rundum-Service inkl. Schleusen- und Anlegemanöver (schwer, wenn die Leinen aus verschiedenen Makramee-Knüpfungen bestehen) verantwortlich. Und ich war Steuermann, Kapitän und Erster Offizier in Einem ...)

Das erste Schleusenmanöver fand bei km 129,5 statt und um 17:30 legten wir in Malestroit bei km 132 an. 15 km mit 3 Schleusen und ein paar mehr oder weniger breiten bzw. niedrigen Brücken haben wir problemlos bei wolkenlosem hochsommerlichen Wetter geschafft.

Die kleine Stadt Stadt hat wunderbar erhaltene Fachwerkhäuser, die teilweise noch aus dem 16. Jahrhundert stammen. Der Tag klingt mit einem sehr guten Abendessen im Le Grain de Sel, einem von der Locaboatbasis empfohlenen Restaurant, aus.


Dienstag, 8.9.

Abfahrt bei km 132 um 9 Uhr 10, wolkenlose Tagesetappe bis Josselin bei km 157,5 mit 10 Schleusen, Ankunft um 15 Uhr 10.

Da im Reiseführer steht, wer Glück hat und am 8.9. nach Josselin kommt, kann sich ein echtes bretonisches Pardon-Fest ansehen, bei dem 100e von Vertretern der umliegenden Dörfer mit ihren Bannern, begleitet von religiösen Gesängen, zur Basilika ziehen. Deshalb haben wir die zwei kleinen sehenswerten Dörfer unterwegs für die Rückfahrt ausgelassen. Rechtzeitig kamen wir in Josselin an und konnten die Prozession beim Einzug in die Kathedrale beobachten.

Josselin selbst wirkt wie eine Märchenstadt mit dem gigantischen Schloss hoch über dem Oust, den schmalen, gewundenen Gassen und dem sehenswerten Hauptplatz mit den Granithäusern. Alles so schön, dass es schon fast wieder kitschig ist ...


Mittwoch, 9.9

Wolkenlos, ein Traumtag. Wir spazieren nochmals durch Josselin und um 14 Uhr machen wir die Führung im Schloss bzw. Schlosspark mit. Deutsch wird nicht gesprochen, aber ein Flyer ist wenigstens erhältlich und so wissen wir alles über das Schloss. Oder fast alles ...

Um 17:30 fahren wir noch bis km 159,5 und legen vor der schon geschlossenen Schleuse von Caradec an. Ich lasse meine Drohne für einen kurzen Film steigen, leider verliere ich die Kontrolle über das gute Ding, das dann in etwa 8 Meter Höhe in einer Eiche am gegenüberliegenden Ufer landet. Oje, war das das Ende vom Abenteuer Drohne? Ich ging mit Brigitte über die nahe Autobahnbrücke zum $#§@!Baum und sah die Drohne sehr weit oben, sehr gut im Geäst verfangen, vor sich hinblinken. Werner startete vom Boot aus die Fernbedienung - ohne Erfolg. Dagmar brachte mir die FB zur Eiche nach, auch meine Versuche konnten die Drohne nicht befreien. Na gut, schlafen wir eine Nacht drüber, morgen ist auch noch ein Tag.

Vom Boot aus sahen wir, wie das rote Blinklicht langsam erlosch ...


Donnerstag, 10.9.

Um halb 9 Uhr mit Werner wieder zur Eiche gegangen, wir werden mit Aststücken versuchen, die Drohne herunterzuschießen. Werner als Semi-Tennis-Profi erweist sich als sehr guter Werfer, von ca. 30 Würfen treffen einige genau den Ast mit der Drohne, die auch ca. 2 Meter nach unten fällt - und dann richtig ordentlich und sicher festhängt. Aus, Schluss, das wars, wir gehen zum Boot zurück, frühstücken und machen uns um 10:10 Uhr auf die Weiterfahrt. Viel Landschaft links und rechts vom Canal, ein paar Wolken am Himmel. In Cadoret (Km 170) machen wir Mittagspause und im herrlichen Gastgarten vom Restaurant Moulin de Cadoret stärken wir uns für die Weiterfahrt.

Bei KM 171 folgen wir dem Reiseführer, um das ca. 3 km entfernte Les Forges zu besichtigen. Von den erwähnten ehemaligen Hochöfen und der Eisenindustrie ist nicht viel zu sehen, das sehr schöne Herrenhaus ist leider von geschlossenen Toren und Zäunen umgeben, Eintritt verboten.

Um 18:50 erreichen wir nach 15 Schleusen und insgesamt 20,5 km Rohan, das zwangsläufig der Wendepunkt unserer Fahrt wurde, da der Kanal in Richtung Pontivy, wo wir eigentlich hin wollten, wegen Niedrigwasser geschlossen war.


Freitag, 11.9.

Nebelig und trüb, kühl. Herbstbeginn in der Bretagne ?

Abfahrt um 11:30, erster Stop bei Timadeuc, Km 178,5. Wir spazieren zur Abtei von Timadeuc, ein von Zisterzienser-Mönchen betriebenes Kloster.

Am Rückweg zum Boot habe ich eine Eingebung: Ich biege in den Wald ab und schaue mich um bis ich einen abgetrockneten, ca. 6 m hohen, ziemlich geraden und auch dünnen Baum finde. Ich "schlägere" ihn und trage ihn mit Werner zum Boot. Mal schaun, ob dadurch die Bergung meiner Drohne möglich wird. Und bei der Weiterfahrt nehme ich eine Anhalterin mit ...

Wir legen wieder beim Campingplatz an, Werner und ich gehen wieder über die Autobahnbrücke zum Drohneneichenbaum. Mein Baum ist genau lang genug, nach einigen Versuchen fädle ich bei einem Rotorschutz ein und die Drohne hat wieder Boden unter den Füßen. HURRA !

Wir fahren noch bis Josselin, wo wir die Nacht wieder im Hafen unter der Burg verbringen. Gefahrene Km heute: 20 mit 12 Schleusen


Samstag, 12.9.

Am Vormittag spazieren wir bei wechselhaftem Wetter wieder in die Stadt, heute findet der Wochenmarkt statt: diverse Gemüse-, Muscheln-, Fisch-, Fleischverkaufstände. Und eine "Küche", in der frisch zubereitetes Cassoulet verkauft wird. Und Bratwürste auf bretonische Art, die statt mit Brot in eine Palatschinke gewickelt gegessen werden.

Um 12 Uhr fahren wir weiter, verbringen eine unserer schönsten Mittagspausen unter einer Trauerweide bei der Schleuse von Clan bei Km 154.

Bei der sehr schön geschmückten Schleuse von Monterlot machen wir einen Spaziergang durch das kleine, typische Dorf mit der netten Kirche. Bei 142.5 radeln wir einige Km zur la Chapelle-Caro, nach einer kurzen Besichtigungsrunde fahren wir weiter zum heutigen Tagesziel, Le Roc-St.Andre, ein kleines Dorf auf einer Anhöhe mit schöner Aussicht auf die Oust.

Km heute: 17 mit 8 Schleusen


Sonntag, 13.9.

Abfahrt um 10 Uhr wieder bei ziemlich wechselhaftem Wetter, Mittagspause in Malestroit (WLAN-City), danach weiter gefahren bis km 126,5, am Ufer angelegt und mit den Rädern zum historisch bedeutenden Herrenhaus Manoir de Balangeard gefahren und gerade rechtzeitig vor einem ordentlichen Regenguss haben wir wieder das Schiff erreicht.

Weitergefahren erstmals mit dem Innensteuerstand bis nach St.-Martin-Sour Oust, unserer Basis. Km heute: 34 mit 5 Schleusen


Montag, 14.9.

Bei bewölktem Himmel fahren wir in St.Martin um 10:15 los, unser Ziel ist la Gacilly. 12 km mit 2 Schleusen sind zu bewältigen. Es kommen uns einige Schiffe entgegen, ab und zu regnet es. Spannend sind die letzten 9 km am Flüsschen Aff nach La Gacilly. Teilweise sehr schmal, viele Kurven und tiefhängende Eichenäste. Zum Glück kommt uns nur ein Schiff entgegen, und das auch an einer relativ "breiten" Stelle. In Gacilly ist der Kanal zu Ende, ein Hafen mit genug Platz und Strom/Wasser ist vorhanden.

Am Abend werden wir Zeuge eines "Bootskünstlers", der im fast leeren Hafen nach 3 Vorwärts-Versuchen den Platz am Steg doch nicht erreicht und es dann rückwärts probiert. Beinahe fährt er in die Mauer am anderen Ufer, auch an unserem Boot schrammt er hautnah vobei. Das Einparkmanöver endet unter den tiefen Ästen einer Trauerweide. Die Frau übernimmt vom übernervösen Mann das Steuer und schafft es fast, rückwärts einzuparken. Fast. Von einem anderen Boot kommt ein Helfer und beendet das spannende Manöver. "First time on a Boat, first time in a small harbour" waren die Worte vom Kapitän zu Werner ....

La Gacilly ist ein mit vielen Blumen geschmücktes Dorf mit vielen (meist geschlossenen) Cafes und Restaurants. Es ist nicht nur ein belebtes Künstlerdorf, auch Yves Rocher hat seinen Stammsitz hier. Wir machen eine ordentliche Runde, besichtigen die tolle Fotoausstellung im Labyrinth, Brigitte und Dagmar natürlich auch das Yves Rocher-Geschäft.


Dienstag. 15.9.

Am Vormittag spazieren wir bei recht viel Sonne nochmals durch den sehr interessanten Ort, einfach toll die vielen schönen Häuser mit den zahlreichen Geschäften und Kunsthandwerken.

Um 13 Uhr fahren wir 19 km von La Gacilly nach Redon, (hier ist die einzige Schleuse auf der ganzen Strecke) wo wir uns im Hafen um 32 Euro für zwei Nächte einen Liegeplatz nehmen (müssen). Es ist den ganzen Nachmittag wolkig, ab und zu tröpfelt es - und die letzten 3 km verlassen wir die Flying Bridge, es ist nicht nur uns zu kalt am Oberdeck.

Redon wird beherrscht von einem der größten Benediktinerklöster der Bretagne, der romanische Turm der Abtei ist leider nicht für die Besteigung frei gegeben. Schade ...


Mittwoch, 16.9.

Es regnet, wir sitzen im Boot, Brigitte und Dagmar halten eine Stricksession ab, Werner und ich basteln am Reisebericht. Der Wetterbericht verspricht nichts Gutes, wir machen uns am Nachmittag auf die 22 Km lange Rückfahrt mit 2 Schleusen nach Saint Martin. Teils haben wir Sonnenschein, dann wieder strömenden Regen.


Donnerstag, 17.9.

Unser letzter Boot-Tag. Um die Mittagszeit fahren wir mit Werners Auto ins ca. 7 km entfernte Rochefort-en-Terre, ein fast unwirklich wirkendes Städtchen mit wunderschönen Häusern und vielen Blumen sowie Geschäften mit (nicht immer günstigen) örtlichen Köstlichkeiten wie Pain D'Epices und diversen Nußspezialitäten. Ein Spaziergang am örtlichen See schließt den Ausflug ab.


Freitag, 18.9. und Samstag, 19.9.

Das Boot haben wir gestern bereits "leer geräumt", um halb 9 gebe ich den Schlüssel ab und um 9 Uhr beginnt unsere Heimreise. Nach 808 km, 85 km vor Straßburg, verbringen wir eine ruhige Nacht auf einem Autobahnrastplatz, Samstag Nachmittag machen wir einen Zwischenstop bei der sensationellen Hängebrücke von Reutte, gegen Abend sind wir in Innsbruck, wo wir uns mit Gerda und Peter zum Abendessen treffen.


Sonntag, 20.9.

Ein Vormittag-Spaziergang durch Innsbrucks Altstadt steht am Programm, mittags machen wir uns auf die Heimreise, um 17 Uhr sind wir wieder in Villach.


Schlussbetrachtung:

66 Schleusen, 194 Kanal-Kilometer, 1.883 Straßen-Kilometer bei der Anreise über Düsseldorf, 1.636 km Rückfahrt über Innsbruck, gesamt 3.519 km und viele Euro Autobahnmaut in Frankreich, Dieselpreise von 1,05 (SUPER U - Supermarkt-Tankstelle), 1,14 (kleine Städte neben Autobahn) und 1,27 (auf Autobahnen, jedoch nicht für uns) und bis auf 2 Tage immer schönes bzw. allerschönstes Wetter.

Bootsmiete: 3.094,- EURO, Pauschale für Diesel, Gas, Endreinigung und Versicherung 590,-